Die kleine, sehr schmackhafte schwäbische Linse war lange Zeit vom Markt verschwunden. Jetzt ist sie wieder auf der Speisekarte vieler schwäbischen Gasthäuser zu finden. Neben einigen anderen regionalen Produkten, die heute unter dem Label „Biosphären Produkte“ vermarktet werden. Gut und „günschdig“ für hungrige Wanderer. Deshalb auch gleich ein Rezept dazu! Was du beim Wandern essen kannst.
Ein schwäbisches Nationalgericht
Kennt ihr ein schwäbisches „Nationalgericht“? Ja klar, die Maultasche. Aber von der soll heute mal nicht die Rede sein. Ein zweites? Ja klar. Linsen mit Spätzle. Ordentlich Kohlenhydrate und dazu die eiweißreiche Hülsenfrucht. Ursprünglich stammt die Linse aus der Türkei und liebt die warme Umgebung. Bis in die 50er Jahre wurde auch auf der Schwäbischen Alb Linsen praktisch überall kultiviert. Doch auf der Alb ist es nicht gerade südländisch warm, eher „ein Kittel (Jacke) kälter“, wie der Schwabe sagt. Deshalb waren die hiesigen Linsen etwas kleiner und robuster, aber eben auch ganz besonders schmackhaft.
Ende der 50er Jahre war es aus mit dem Linsenanbau auf der Alb. Der Wirtschaftswunder-Älbler schob lieber den Schweinsbraten in den Ofen und bekam so sein Eiweiß. Zudem war der Anbau der Linsen sehr aufwändig. Eine Linse benötigt eine Stützpflanze wie zum Beispiel Hafer, und muss nach der Ernte sofort getrocknet und dann aussortiert werden. Doch warum so einen Aufwand betreiben? Mit dem Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit wurde der Anbau uninteressant. Und was nicht angebaut wird, dafür braucht man auch kein Saatgut. 1966 wurde der letzte Eintrag einer Linse aus dem Bundessortenregister gelöscht. So ist die Linse verschwunden. Kamen Linsen auf den Tisch, waren sie importiert aus Kanada.
Hilfe aus Sankt Petersburg
Doch alles kommt wieder. Im Zuge von Slow Food und biologischer Ernährung wurde der Anbau der schmackhaften Sorte wieder interessant. Nur gab es die Linse nicht mehr. Zumindest auf der Alb war kein keimfähiges Saatgut vorhanden, und das obwohl Linsen jahrhundertelang auf der Alb die Hauptmahlzeit schlechthin waren.
Hilfe kam aus dem fernen Osten. In einer Saatenbank in St. Petersburg war die ursprüngliche Alb Linse in keimfähigen Zustand erhalten. Ganze 700 Linsensamen haben die Schwaben bekommen. Das sind nicht mal 15 Gramm! Nun hieß es jahrelang aufpäppeln und vermehren. Laut dem Züchter Woldemar Mammel war das eine Versorgung wie auf der Intensivstation.
Ein internationales schwäbisches Rezept
Heute gibt es die Alb Linsen wieder in allen Bioläden und gut sortierten Regionalmärkten. Klein und robust, eignet sich diese nicht nur für die eher breiigen Linsen mit Spätzle, sondern wegen ihrer Festigkeit ganz hervorragend für einen lauwarmen Linsensalat. Hier mein Rezept, international angehaucht wie auch die Bevölkerung der Alb inzwischen.
Ich koche etwa 250 Gramm Linsen (die kleine dunkle marmorierte Sorte) im Wasser ohne Salz, bis sie „Al Dente“ sind. Das dauert etwa 20 Minuten. Danach abgießen und etwas abkühlen lassen. Inzwischen schneide ich Zwiebeln und getrocknete Italienische Tomaten (die Besten vom Neu-Ulmer Wochenmarkt, aber die werdet ihr leider nicht bekommen) klein. Wer hat, zupft aus dem Garten noch etwas Feldsalat. Im Sommer geht auch Ruccola (wächst inzwischen auch auf der Alb) und mischt dies alles unter die Linsen. Linsen brauchen ordentlich Essig! Ich nehme den selbstgemachten aus dem Saft der Bioäpfel unserer Streuobstwiese und als Öl idealerweise steirisches Kürbisöl, das ich jedes Jahr von Wikinger Stammgästen aus Österreich geschenkt bekomme. Dazu schmeckt ein Engel Bier aus Zwiefalten.
Auf den Geschmack gekommen? Bei unserer Alb Reise, die auch ich leite, sind wir in einem Hotel untergebracht, das vorwiegend regionale Produkte verwendet, eben auch die Alb Linsen. Das Engel-Bier wird nur drei Wanderstunden von der Unterkunft entfernt gebraut und natürlich auch getrunken. Hier geht es zur Alb Reise Hochgenuss.
Guten Appetit euer Oliver