Wald, Wiesen, Felsen, Höhlen, Trockentäler und Wacholderheide… was hat die Schwäbische Alb nicht alles zu bieten! Und die Wanderungen beginnen meist an Ortschaften, deren Namen nach Butterbrezel, Wurstsalat und saurem Most klingen: In diesem Fall im Ort Weilersteußlingen!
Start zum Nägelesfels
Das kleine Dorf in der Nähe von Ehingen liegt mitten in den Lutherischen Bergen, einer seit dem 16. Jahrhundert evangelischen Enklave inmitten katholischer Gemeinden. Was das mit unserer Wanderung zu tun hat, erfahren wir später. Zuerst wandern wir eben über die Flächenalb Richtung Ermelau (wieder so ein Name…) Pferdekoppeln und freilaufende Hühner sind rechts und links von uns. Mit etwas Glück reicht hier die Sicht bis zu den Alpen. Der Weg führt hinab in das das erste Trockental. Typisch für die Schwäbische Alb. Vor Jahrmillionen, als sich die Alb als Karstgebirge aus den Fluten des Jurameeres erhob, floss hier an der Albhochfläche noch Wasser. Im Laufe der Zeit verschwand das Wasser von der Oberfläche und fließt nun unterirdisch in gigantischen Höhlensystemen. An vielen Stellen tritt es dann eine Stufe tiefer wieder zutage, zum Beispiel am Blautopf oder der Wimsener Höhle.
Dieser Grenzstein markiert die Jagdgrenze aus dem Jahr 1514 zwischen Württemberg und Österreich.
Warum gibt es so viele Nägelesfelsen?
Über einen schmalen Waldpfad erklimmen wir den Nägelesstein und haben eine schöne Aussicht auf das eben durchwanderte Trockental. Nägelesstein oder Fels, ein häufiger Name auf der Schwäbischen Alb. Woher kommt er? Das habe ich drei Stunden später bei Träubleskuchen im Garten des Revierförsters und Wikinger Trekkingast Werner Bierer in Weilersteußlingen erfahren. Er stammt von der an den freistehenden Weißjurakalken wachsenden Felsennelke. Für die Schwaben wäre das Wort Nelke aber viel zu hart ausgesprochen, deshalb heißt die Nelke hier „Nägele“.
Steinige Felder -hartes Leben
Das Leben war früher auf der Alb hart genug, deshalb vielleicht die vielen verniedlichenden „les“ am Ende der schwäbischen Wörter. Ganz besonders hart hatten es die Tagelöhner und Bettler, die bisweilen in den Höhlen entlang der Trockentäler lebten. So auch Katharina Schunter, deren Höhle wir auf dem Weiterweg durch das Trockental sehen werden. Sie lebte bis Anfang des 19. Jahrhunderts in der nur sieben Meter tiefen Höhle. Aufgewachsen ist sie in der knapp einen Kilometer entfernten Höhle ihrer Eltern der Schunterhöhle im Rauhtal. Auch diese können wir mit einem kurzen Umweg besuchen
Verbotene Hochzeit in der Schwäbischen Alb
Die Höhle der Katharina – im Schwäbischen der „Käthe“ – hieß und heißt noch heute „Kätheren Kuch“, denn wenn sie Feuer machte, rauchte es aus den vielen Löchern der Karsthöhle oben heraus. Wie aus einer Küche. Einmal hätte sie Glück haben können in ihrem Leben, im katholischen Nachbarort Briel wollte sie einen Mann heiraten. Der katholische Pfarrer aus Altsteußlingen verbot aber die Hochzeit mit der evangelischen aus Weilersteußlingen… Heute noch wird in der Ehinger Fasnet der Käthe als Kräuterweiblein gedacht. Der Narrenruf ist: „Kätheren Kuch“!
Mal breie Wege, mal schmale Pfade
Zum Finale ans Brünnele
Wir wandern an einer nicht mehr sichtbaren, von Bäumen überwachsener Burg vorbei, passieren Briel und machen uns über das Brünnele auf den Rückweg. Der Pfad führt zum Brünnele. Denn nicht alles Wasser ist auf der Albhochfläche verschwunden. Hier folgen wir einem klaren Bachlauf, der aus einem wunderschönen kleinen Waldsee kurz vor unserem Ziel entspringt. Ein idealer Pauseplatz, würde nicht der Träubleskuchen im Südgarten des Forsthauses in Weilersteußlingen auf mich warten.
Krötenhochzeit im Waldsee
Lust auf die Tour? Es wäre eine schöne Wanderung für den freien Tag bei unserer Albreise „Hochgenuss“ . Oder als Tageswanderung bei „Wikinger2Go“ mit dem Autor dieser Zeilen. Den Tipp für die Tour habe ich übrigens aus diesem Buch. Die Wanderung ist etwas über zwölf Kilometer lang und hat 380 Höhenmeter. Etwa vier Stunden seid ihr unterwegs und es gibt keine Einkehrmöglichkeit. Deshalb unbedingt ein Vesper mitnehmen. Am besten „a belegts Weckle und a Äpfele“.
Euer Oliver