Wer auf Bergwanderungen und anderen Bergtouren unterwegs ist, der kann immer auch mal an seine Grenze kommen. Damit meine ich nicht nur die körperliche Leistungsgrenze, sondern auch die psychische. Selbst sichere Bergwanderer und Bergsteiger können in Situationen geraten, in denen Panik in ihnen aufsteigt. Daher ist es sinnvoll, sich frühzeitig ein paar Gedanken zu Panikattacken in den Bergen zu machen und sich mental darauf vorzubereiten. Das gilt für unmittelbar Betroffene, aber auch für deren Begleiterinnen und Begleiter.
Tolle Ausblicke wie dieser können in manch einem Panik aufkommen lassen
Dass man in Grenzsituationen Angst bekommt, ist normal und eine wichtige Funktion, die uns vor gefährlichen Aktionen schützt. Werden wir beim Bergwandern oder Bergsteigen aber von der Angst überwältigt, dann kann das eine herausfordernde Situation erst gefährlich machen. Wir sollten also wissen, wie wir Panikattacken in den Bergen vermeiden und wie wir im Falle eines Falles damit effektiv umgehen können.
Wo kommt die Panik her?
Panik am Berg kommt nicht aus heiterem Himmel, sondern hat oft Gründe, die sie begünstigt. Vielleicht hat man die Nacht davor schlecht geschlafen und ist nicht wirklich fit. Vielleicht hat man sich die falsche Tour vorgenommen und ist latent überfordert. Vielleicht hat man auch einfach zu wenig gefrühstückt und ist unterzuckert.
Bloß nicht nach unten schauen!
Das Gefühl, die Situation nicht zu beherrschen, geht der Panikattacke meist voraus. So fängt man an sich Gedanken zu machen: Wenn ich jetzt falle, sterbe ich. Wenn ich das jetzt nicht schaffe, muss die Bergrettung kommen. Wenn ich hier noch länger zögere, geraten wir in die Dunkelheit … Schon jetzt sollte man die Situation ernst nehmen, bewusst ruhig atmen, vielleicht um eine Pause bitten und/oder die Konzentration schärfen. Auch motivierende positive Selbstgespräche können helfen.
Vielleicht ist eine kleine Unsicherheit in der Gehtechnik der Auslöser einer Panik. Ein Stein rollt weg oder es gibt einen kleinen Stolperer. Normalerweise wäre das alles kein Problem, aber in einer sowieso schon angespannten Situationen kann dies die Panikattacke auslösen. Das gleiche kann z.B. geschehen, wenn unerwartet das Wetter umschlägt und man plötzlich das Gefühl hat, man ist den Naturgewalten hilflos ausgeliefert.
Wie können Betroffene und Begleiter mit der Situation effektiv umgehen?
Die erste Regel in komplizierten Situationen heißt: „Ruhe bewahren“. Dieser Appell ist für denjenigen, der in der Panikattacke festsitzt, vermutlich leichter gesagt als getan. Umso wichtiger ist es daher, dass die Begleiter ruhig bleiben. An ausgesetzten Wegstellen, wo es an einer Seite steil den Berg hinab geht, oder auf schmalen Graten hilft es schon, der Person durch Kontakt Sicherheit zu geben. Ruhiges Sprechen hilft, und das Reichen der Hand dient nicht nur im physischen Sinne zur Stabilisierung, sondern auch im psychischen.
Wichtig ist, der betroffenen Person Verständnis entgegenzubringen und sie nicht unter Druck zu setzen. Gemeinsam kann man versuchen, die Atmung zu beruhigen. Vielleicht findet man vor der schwierigen Schlüsselstelle einen sicheren Platz, an dem man eine Pause machen kann. Eine Panikattacke ist anstrengend und wirkt oft auch körperlich erschöpfend. Ein Müsliriegel, ein Getränk und ein ruhiges Gespräch wirken oft schon Wunder.
Wenn man nicht allein ist, fühlt man sich gleich viel sicherer
Hat sich der oder die Betroffene beruhigt und erholt, hilft das Ausstrahlen von Sicherheit. Klare Ansagen, wie es weitergehen soll, unterstützen dies. So kann man die betreffende Person durch das Reichen der Hand und das Zeigen stabiler Tritte auch über schwierigere Stellen hinweg helfen. Bei geführten Touren ist dies natürlich die Aufgabe des Wander- oder Bergführers oder der Bergführerin.
Hilfreich ist, dass eine Panikattacke am Berg in der Regel nicht lange dauert. Obwohl die Zeit für die betroffene Person sehr lang wird, ist die Panikattacke oft schon nach 5 bis 10 Minuten wieder vorbei und die Situation ist wieder unter Kontrolle.
Was kann man tun um Panikattacken am Berg zu vermeiden?
Wie eingangs bemerkt, kommt eine Panikattacke nicht aus heiterem Himmel. Die oben genannten Faktoren bieten auch schon Hinweise auf eine Vermeidung solcher Situationen. Bei einer privaten Tour sollten alle Teilnehmer in die Tourenplanung einbezogen werden. Dabei ist eine realistische Einschätzung der Anforderungen wichtig. Hier sollte nicht allein der Wunsch den Ausschlag für eine Tour geben, sondern vielmehr die Fähigkeiten des schwächsten Teilnehmers. Schon Louis Trenker warb dafür, sich „auf keine Bergtour zu begeben, der man nicht gewachsen ist“.
Anspruchsvolle Touren machen nur dann Spaß, wenn man mental und körperlich auf sie vorbereitet ist.
Das Austesten der eigenen Grenzen ist nur dort sinnvoll, wo man einen Plan B realistisch umsetzen kann. Zu jeder Tourenplanung gehört also auch eine Option, die man bei unerwarteten Schwierigkeiten ziehen kann. Das kann z.B. das Umkehren sein oder der Abstieg über eine leichtere Alternativroute. Braucht bei gebuchten Touren jemand diese Option, nimmt er aber u.U. den anderen Teilnehmern ihr Bergerlebnis. Das sollte man sich vor der Buchung vergegenwärtigen.
Stichwort Eigenverantwortung
Jeder Teilnehmer einer Bergtour ist selbst dafür verantwortlich, fit genug zu sein. Das bedeutet, spürt man eine schlechte Tagesform, sollte man sich kritisch hinterfragen, ob die geplante Unternehmung problemlos gemeistert werden kann.
Im Vorfeld sollte man eine starke Grundanspannung vermeiden. Belastungen im Alltag, zum Beispiel durch den Beruf oder ungelöste private Konflikte, können auch schon den Grundstein für spätere Panik am Berg legen. Bei schwierigen Touren kann es also sinnvoll sein, erst mal ein paar Tage zu entspannen, bevor es losgeht.
Vor der Tagesetappe oder der Tageswanderung sollte man genug essen und trinken, um nicht zu unterzuckern.
Bei der Teilnahme an geführten Touren es ist ganz entscheidend, sich die Ausschreibung detailliert durchzulesen. Jeder Hinweis auf die Anforderungen der Tour sollte ernst genommen werden und man sollte sich kritisch beurteilen, ob diese Tour ohne Probleme zu schaffen ist. Die besten Bergführer und Bergführerinnen können nur dann Menschen sicher durch die Berge führen, wenn diese die nötigen Fähigkeiten und Kenntnisse mitbringen.
Hat man eine bestimmte Traumtour wie z.B. auf den Watzmann oder den Kilimanjaro vor, sollte man durch andere Touren und durch regelmäßiges Training dafür sorgen, dass Fitness und Gehtechnik dafür mindestens ausreichend sind.
Im Zweifel sollte man immer auf der sicheren Seite bleiben und sich nicht in seinen eigenen Grenzbereich begeben. In den Bergen können sich die Verhältnisse schnell ändern. Das Wetter kann umschlagen oder ein Stück des Weges kann auch mal abgerutscht sein. Wer unter optimalen Bedingungen schon an seiner Leistungsgrenze agiert, der wird bei jeder kleinen Verschlechterung Probleme bekommen. Auch solche Situationen führen häufig zu Panikattacken. Das leichtsinnige oder gedankenlose Buchen einer zu schwierigen Tour führt nebenbei auch dazu, dass die anderen Teilnehmer ihren Urlaub nicht wie geplant genießen können.
Fazit
Eine Panikattacke bei einer Bergtour kann jedem passieren. Das ist auch kein Grund, vor Ort noch mehr in Panik zu verfallen. Unter dem Motto „In der Ruhe liegt die Kraft“ kann man solche Situationen in der Gruppe oder mit einem Führer gemeinsam lösen.
Gute Vorbereitung hilft dir, eine Panikattacke zu vermeiden!
Um schwierige Situationen am Berg zu vermeiden ist aber schon weit vor der Tour das eine oder andere gefragt. Eine gute körperliche Verfassung, eine vorausschauende Tourenplanung oder die Buchung der richtigen Tour für meine Fähigkeiten sind entscheidende Voraussetzungen dafür, eine Bergtour angstfrei und ohne Panikattacke genießen zu können.
So, das waren heute mal ein paar außergewöhnlich ernste Gedanken zum Bergwandern und Bergsteigen. Daher passt hier vielleicht eine Passage aus einem frühen Udo Lindenberg Song: „… und dann sagt er: Keine Panik, auf der Titanic, jetzt trinken wir erst mal einen Rum mit Tee!“
Alles Gute wünscht damit …
Euer Andreas