Ostern – wie ich dank Corona Polens Traditionen kennenlernte

Ostern – eine Zeit der Familie, der Auferstehung und des Beisammenseins. Doch das war in den letzten Jahren nicht immer so. Wie ich über Ostern 2020 im Ausland sitzen blieb und dank dessen die polnischen Osterbräuche noch näher kennenlernte, möchte ich euch heute erzählen. Und zum Schluss wartet noch ein Osterrezept der Spitzenklasse auf euch, also: bleibt dran!

Das Osterfest 2020 war für viele ein befremdliches Erlebnis. Es gab Beschränkungen und Kontrollen, man durfte sich nur mit einer begrenzten Zahl an Menschen treffen. Viele hatten Angst, überhaupt das Haus zu verlassen. Die Kirchen, die sonst an Ostern rappelvoll sind, standen auf einmal leer.

Toruń – Geburtsort von Nikolaus Kopernikus, ein Epizentrum für alle Gotik-Liebhaber und – mein zweites zu Hause!

Zur Zeit des Pandemieausbruchs habe ich in Polen, in der traumhaft schönen Stadt Toruń, studiert. Gerade mal ein Jahr war ich im Ausland und schon passierte so etwas. Viele meiner Freunde fuhren zurück nach Hause, zu ihren Familien im Land. Da ich keine Gefahr für meine ältere Verwandtschaft (die einzige Familie, die ich in Polen habe) darstellen wollte, fasste ich einen Entschluss. Ich rief die Äbtissin eines Klosters an, die ich während einer Reise kennengelernt habe. Zwei Wochen sollte der Lockdown dauern. Was weiter passierte, kommt gleich.

Aber erst einmal eine kurze Exkursion zum Osterfest und dessen Bedeutung in Polen.

Bunte Osterpalmen in Polen

Wielki Tydzien – lass dich von Polen nicht auf die Palme bringen!

Die Woche vor Ostern, „Wielki Tydzien“ genannt, läutet die Vorbereitungen auf das Osterfest ein. Sie beginnt am Palmsonntag, an dem reich geschmückte Palmwedel in der Kirche gesegnet werden. In Deutschland gibt es die Tradition auch: bloß werden hier in den meisten Regionen „nur“ Buchsbaumzweige gesegnet. Eine minimalistische Version dessen, was man in Polen zu sehen bekommt. Übrigens finden in manchen polnischen Orten Wettbewerbe um die größte Osterpalme statt: Diese sind zum Teil 30 Meter hoch und 80 kg schwer!

Gründonnerstag – Füße waschen nicht vergessen!

Am Gründonnerstag beginnt die Zeit des Triduums. Es wird das letzte Abendmahl gefeiert und es findet die Fußwaschung nach Vorbild Jesu, der an diesem Abend die Füße seiner Jünger wusch, statt. Während der Feier wäscht der Priester symbolisch einigen Gemeindemitgliedern die Füße. Auch in manchen deutschen Gemeinden ist dies ein Brauch, in den deutschen Wallfahrtsorten werdet ihr diese Tradition sicher vorfinden.

Am Karfreitag steht das Leiden Christi im Mittelpunkt

Karfreitag – was Ostern und wandern miteinander zu tun haben

Wer am Karfreitag mal in der Kirche war, erinnert sich sicherlich an die bedrückende Stimmung – es läuten keine Glocken, die Orgel spielt nicht, es brennen keine Kerzen auf dem Altar. Es findet auch der Kreuzweg statt. Dieser kann entweder in der Kirche stattfinden oder an der frischen Luft: Erwähnenswert ist der EDK (ekstremalna droga kryzowa) – ein Kreuzweg der Spitzenklasse. Die Teilnehmer machen sich auf zu einer 40 km langen Nachtwanderung, die dazu dient, sich seiner eigenen Schwäche bewusst zu werden und das Leiden Christi mitzuerleben.

Wie man unschwer erkennt, wird in Polen der Karfreitag sehr ernst genommen – auch diejenigen, die keine Kirchgänger sind, fasten in der Regel. Man darf nicht singen, keine Musik hören, keine Filme schauen und möglichst wenig essen. Meine Oma, die in Polens ländlichen Regionen aufgewachsen ist, erzählte mir, dass bei ihr Zuhause am Karfreitag auch alle Spiegel abgedeckt wurden. Man sollte sich nur auf das Leiden Christi konzentrieren – jede Ablenkung sollte vermieden werden.  

Karsamstag – Würstchensegen und die längste Messe des Jahres

Eine der bekanntesten polnischen Traditionen zu Ostern ist die Segnung von Wasser, Feuer und Speisen für den Ostertisch. Diese findet am Karsamstag statt. Jede Familie bereitet für den Tag einen kleinen Korb vor, der mit symbolischen Mengen an bunt bemalten Eiern, Brot, Käse, Salz, Kuchen, Fleisch und Würstchen gefüllt ist. Diese werden auf die Altarstufen der Kirche gestellt und vom Priester mit einem speziellen Ostergebet und Weihwasser gesegnet.

Spät am Abend gehen viele Familien noch einmal in die Kirche – zur „wigilia paschalna“ der Osternacht. Diese dauert mehrere Stunden und ist sozusagen ein „Jahresrückblick“ der gesamten Liturgie: Neun Lesungen werden gelesen, die wichtigsten Psalmen zwischen jeder von ihnen gesungen. Nach der Letzten wird die Stille gebrochen: Die Orgel erklingt, die Glocken läuten, Rasseln, Glöckchen, alle Instrumente, die sich in der Kirche befinden, stimmen ein und auch die Menschen singen. Es werden die Altarkerzen angezündet und das erste „Hallelujah“ nach der Fastenzeit erfüllt den Raum.

Danach erinnern sich alle ihrer Taufe – sie zünden ihr Licht von der Osterkerze an und sprechen das Gebet, dass schon ihre Eltern bei ihrer Taufe gesprochen haben.

Das Frauenkloster in Morasko – hier habe ich den ersten Lockdown verbracht

Im Kloster, in dem ich Ostern verbrachte, erlebte ich das erste Mal so eine Messe mit. Es war ein unglaubliches Erlebnis. Die Messe war gegen 3 Uhr morgens vorbei und während ich schlafen ging, liefen viele Schwestern in die Küche, um nach der Fastenzeit das erste Mal wieder geräucherte Würstchen und Kekse zu essen.

Traditioneller Ostertisch bei mir zu Hause – ein Jahr vor Corona 🙂

Jetzt geht Ostern so richtig los! Der Ostersonntag

Am nächsten Morgen fielen die Morgengebete um 6 aus – wir durften bis 10 ausschlafen. Das Frühstück, das im Essenssaal auf uns wartete, war ein wahres Festmahl. Es gab jede mögliche Art von Käse und Fleisch, unzählige Suppen und natürlich pierogi und mazurki, also gefüllte Teigtaschen und mit Karamell, Nüssen und Schokolade geschmückte kleine Kuchen. Auch ein Osterlamm durfte natürlich nicht fehlen: dieses sieht von Region zu Region anders aus. Im Kloster war das Lämmchen aus Butter gefertigt und mit einer roten Fahne geschmückt, bei mir zu Hause wird immer ein lammförmiger Kuchen mit Mandeln, Marzipan und weißer Schokolade gebacken.

Feucht-fröhlicher Ostermontag

Die letzte Tradition, von der ich euch erzählen möchte, ist nicht religiös, sondern geht noch auf slawische Bräuche zurück und macht sehr viel Spaß. Sie findet am Ostermontag statt und heißt „smigus-dyngus“. Traditionell werden Mädchen und Frauen von den Männern mit Wasser bespritzt, – in der Regel wird aber niemand verschont und alle werden nass. Meistens handelt es sich nur um ein paar Tropfen aus einem Glas, die man, wenn man am wenigsten damit rechnet, abbekommt. Aber wer Geschwister hat, kann auch damit rechnen, ein ganzes Glas Wasser hinter den Kragen geschüttet zu bekommen. Das Gute ist, dass man sich natürlich rächen kann. 😊

Time to say Goodbye – die Rückkehr

Aus den „zwei Wochen“ im Kloster wurden zweieinhalb Monate. Ich habe alle lieb gewonnen, besonders die Schwestern aus dem Noviziat. Aber ich war natürlich froh, als endlich die Möglichkeit in Sicht kam, nach Deutschland zurückzukehren.

Die Postulantinnen (also die Mädchen, die noch nicht im Noviziat sind), haben mich herzlich aufgenommen 🙂

Ein Freund von meiner Uni, der unweit des Klosters wohnte und mich ab und zu mit Strickwolle, Süßigkeiten und neuen Büchern über die Klostermauer hinweg versorgt hatte, brachte mich zur deutsch-polnischen Grenze. Dort nahm ich meinen Koffer und überquerte die Oder zu Fuß. Auf der anderen Seite wurde ich von meinem Vater empfangen und zusammen ging es dann zurück nach NRW.  

Obwohl ich das Osterfest mit meiner Familie in dem Jahr verpasst habe, habe ich natürlich meine Lieblings-Osterrezepte nachgeholt, sobald ich zu Hause war. Eins davon möchte ich zum Abschluss mit euch teilen: Das Rezept habe ich von meiner Oma. Und es ist ein totaler Oster-Kracher.

Das BESTE Kuchenrezept zu Ostern

Eierlikör-Gugelhupf

Zutaten:

250g Zucker

250ml Eierlikör

250g Öl/Butter

5 Eier

125g Mehl

125g Kartoffel-/Speisestärke

1 Päckchen Backpulver

Etwas Zitronensaft und Puderzucker für die Glasur

Zubereitung

Backofen auf 180°C vorheizen, Eier schaumig schlagen, Öl und Eierlikör dazugeben. Alle trockenen Zutaten vermischen und unterheben. Die Gugelhupfform mit etwas Butter bestreichen und mit Paniermehl ausklopfen. Teig in die Form füllen und ungefähr 40 Minuten backen.

Glasur

Puderzucker sieben, mit Zitronensaft verrühren, bis ein nicht zu flüssiger Guss entsteht.

Wenn der Kuchen abgekühlt ist, aus der Kuchenform nehmen und mit dem Zuckerguss verzieren. Ich stecke gerne noch ein Büschel Buchsbaumzweige in die Mitte des Kuchens, dass lässt ihn noch österlicher aussehen.

Guten Appetit!

Ich hoffe, ich konnte euch mit meinem heutigen Beitrag das traditionsreiche Polen nahebringen und euch vielleicht ein Lächeln aufs Gesicht zaubern.  

Im Namen des gesamten Wikinger-Teams wünsche ich euch ein frohes Osterfest und eine erholsame Zeit mit euren Familien und Freunden 😊

Eure Nell