Island – im Rausch der Stille

Hallo, Ich bereise diese Insel seit 2005, also schon eine ganze Weile. Natürlich verändert sich auch Island unter dem Einfluss der Touristen, welche die Insel in den vergangenen 10 bis 12 Jahren für sich entdeckt haben. Ist Island doch heute kein Geheimtipp mehr oder nur etwas für ganz verrückte Naturfreaks, die „Natur pur – und sonst nichts!“ suchen. Jedoch möchte ich an dieser Stelle nicht auf die Veränderungen und Neuerungen der letzten Jahre einen Blick werfen, sondern versuchen, die Frage zu erörtern, die mir sehr häufig gestellt wird und deren Beantwortung ist nicht so einfach, wie man meinen könnte.

Warum fährst Du da eigentlich immer wieder hin?

Da ist es doch kalt und verregnet und außerdem richtig teuer, was macht es für Dich so spannend, ständig da oben im Nordatlantik zu sein?

Klar, es gibt dort richtig viel zu sehen. Wasserfälle zum Beispiel. Ein Land der Wasserfälle, kleine, schmale, große und breite Wasserfälle haben die. Man kann einige sogar anfassen oder hinterhergehen. Großartig und beeindruckend sind die Wasserfälle schon und sie strahlen eine ganz besondere Magie und Kraft aus. Es gibt sogar welche, die regelrecht betörend sind in ihrer Macht und Gewalt, hier fällt mir der Dettifoss ein. Denn ein Wasserfall erzeugt zudem angenehmen Krach. Einfach eine gewaltige Geräuschkulisse.

Wasserfälle in allen Facetten!

Es gibt dort Vulkane, ohne Ende Vulkane und ganz viel Lava kann man auch bestaunen. Ja, natürlich, was denn auch sonst? Es ist schließlich eine Vulkaninsel, übrigens die größte der Welt! und irgendwie ist alles dort immer auch ein Vulkan. Das ist etwas Besonderes und ab und zu ist sogar ein Vulkan aktiv und sorgt zusätzlich für spannende und einzigartige Begleitumstände. Auch so ein Aspekt, der anziehend wirkt.

Vergessen wir die Gletscher nicht. Wie könnte ich, dass ewig anmutende Eis. Farbprächtig kann es sein, Grün- und Blautöne und -schattierungen aufweisen, die man einfach gesehen haben muss und von wegen, Weiß wie die Unschuld. Voll dreckig und verstaubt sind die Dinger, tatsächlich kann es auch so aussehen, das Gletschereis. Aus der Ferne betrachtet überwiegt jedoch das pure Weiß und es ist einfach unglaublich, wie gigantisch diese Eismassen sind. Welche Dicke die Gletscherzungen haben, wie zerfurcht ein Gletscher ist und wie viel Eis an einem Tag kalbt, wenn der Eisstrom in eine Gletscherlagune mündet. Ein Gletscher ist schon ein majestätischer Anblick.

„Man muss kein Menschenverächter sein, um Genuss zu empfinden, wenn die Formulierung „vorbildlich menschenleer“ zutrifft!“

Ja, da bekomme ich direkt schon wieder große Lust, nach Island aufzubrechen. Verlassen wir die Metropolregion Reykjavik, stellen wir ziemlich schnell fest, größere Orte sind nicht zu erwarten. An der Südküste mag es noch verstreut Orte geben, die urban anmuten und durchaus einige tausend Einwohner beherbergen. Aber, das war es dann auch schon. Die dünne Besiedlung hat viele Vorteile. Denn, man muss kein Menschenverächter sein, um Genuss zu empfinden, wenn die Formulierung „vorbildlich menschenleer“ zutrifft. Und das tut sie, an vielen Orten und Stellen auf Island.

Der Blick ist endlich, aber unverstellt, weil unverbaut. Wir schauen, bis sich die Erde biegt und der Horizont unseren Blick in die dahinter liegende Ferne verhindert. Dazwischen nur Landschaft, Hügel und Berge und freie, weite Flächen. Die Farbkontraste sind einfach spektakulär. Es bieten sich dem Beobachter Wolkenspiele, wie man sie sonst selten geboten bekommt. Man verliert sich einfach, wenn man in diese Landschaft blickt. Die Fähigkeit Entfernungen zu schätzen und Distanzen einzugrenzen wird auf eine harte Probe gestellt. Ist es doch in meiner Heimat zumeist nicht möglich zu erspähen, wer in 3 oder 4 Stunden zu Besuch kommen wird oder gar zu sehen, bei wem es in 20 km Entfernung im Moment regnen könnte. Es wirkt das Firmament dann sogar bedrohlich, weil du einfach alles überblickst, dass sich in einem Radius von gut 30 km um dich herum abspielt.

Landschaften & Weite – dafür wenig Menschen

Natürlich wird hierfür GUTES Wetter benötigt!  Und, es gibt gutes Wetter auf Island, und zwar richtig gutes und jede Menge davon. Man sollte sich nicht abhalten lassen, es einmal auszuprobieren.

Was ist jetzt mit Stille, Ruhe und der Weite in Island genau?

In Island wohnen wenig Menschen, wie wir bereits gelernt haben. Durch wenig Bebauung und eine kaum vorhandene Bewaldung kann man weit gucken, auch das ist nun geklärt. Aber Stille? Was soll das?

Ja genau, was soll die Stille und ist dies nicht etwas, das immer auch bedrohlich ist? Nein, in Island ist die Stille nicht bedrohlich, sie ist eine Kur für die Ohren! Ein wahrer Augenschmaus, wenn man Stille sehen könnte. Kann man aber nicht, genauso wie man Elfen nicht sieht aber sie doch irgendwie da sind. Und so verhält es sich mit der Stille. Da, wo keiner ist, da macht niemand dann auch kein Krach und wenn man zudem ganz genau hinhört und einfach mal die Klappe hält, dann kann man sie hören – NICHTS und das ist Stille und die tut gut!

Wie soll man beschreiben, was einen glücklich macht und die Seele beruhigt? Kann man sagen, dass ein Ort der „menschenleer“ und „totenstill“ einen glücklich macht und darf man darüber sogar glücklich sein, ist das politisch nicht unkorrekt? Ich würde sagen, nein. Ich liebe diese Momente die ich dort, Sommer für Sommer, immer wieder erlebe. Wenn mir bewusstwird, jetzt ist es gerade wieder so weit. Ich blicke, soweit das Auge reicht und es kommt mir etwas irgendwie anders vor, dann bin ich auf Island. Ich stehe da und höre Nichts und kann einfach nicht genug bekommen.

Im September 2024,
Patrick Kleinkorres

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