Inseltrekking Intensiv (#Madeira2015)

Ehe ich mich verseh´, sitze ich, nach fünf Stunden wandern, am „Espigão Amarelo“. Ich denke mir, dass hier wohl wenige Leute vorbeikommen: Ein einsamer, wolkenverhangener Küstenweg, historisch, mystisch. Mehrere hundert Meter unter mir schäumen die Wellen des Atlantiks. Der Höhenstein, der kurzerhand als Picknicktisch dient, ist kaum mehr zu entziffern. Nur der Nebel fehlt, obgleich auch der Weg der Sonnenstrahlen durch die dichte Wolkendecke nicht mehr gelingen will.

Wir starteten in Porto da Cruz

Porto da Cruz, die erste Tagesdestination und gleichzeitig das Ziel der zweiten Etappe, ist schon in Sicht. Bis hierher ging es viel zu schnell: Flughafen, Flugzeug, Taxi, Hotel, Essen, erste Etappe, Sonne, Wolken, doch die Zeit zum Innehalten ist gekommen!

Die Mystik macht nachdenklich, aber auch glücklich. Intensiv ist es bereits jetzt. Und…. Das Fieber hat mich gepackt! Madeira, ich komme!

Espigao Amarelo

Bereits 2014 habe ich mir die erste Trekking-Reise in den Kopf gesetzt: Nach Ausbildungs- und Studienabschluss wurde der Urlaub nach La Palma kurzentschlossen am Flughafen gebucht. Zwei Tage später ging es los… La Palma entpuppte sich bereits als Wanderparadies und machte Lust auf mehr.

Die logische Schlussfolgerung war, dass 2015 die Zeit für einen reinen Wanderurlaub gekommen war!
Wikinger Reisen bot hier genau die richtige Lösung: MADEIRA intensiv!
Die Begebenheiten ähnelten sich, die wenigen Erfahrungen aus 2014 konnten also genutzt werden und auch das Klima ist bekannt: 2-3 Stiefel sind machbar! Im September ging es dann endlich los!

04.09.2015

Etappe 1: Das Ost-Kap – Ponta de São Lourenço

Die Reise beginnt nach genüsslichem Frühstück in der Residencial Amparo in Machico mit dem reinsten Kontrastprogramm. Die „Ponta de São Lourenço“, die östliche Halbinsel, ist trocken und wenig grün. Ich stelle schnell fest, dass es zwei Vorteile hat, bereits um 09:15 Uhr vor Ort zu sein. Zum Einen vollendet man die Rundtour mit ihren ca. 8 km noch vor der Hauptbesuchszeit, zum Anderen schmettert die Sonne nicht mit voller Wucht auf den Kopf. Denn es gibt hier keinen cm Schatten! 

Die größte Erhöhung des Ostkaps, der „Pico do Furado“, ist in der Morgensonne schnell erreicht. Auf seiner Spitze bietet sich ein gewaltiger und eindrucksvoller Blick auf das „entfernte“ Madeira. Auch die imposante Flughafen-Konstruktion ist  in der Ferne erkennen! Sein Picknick kann man hier wirklich genießen. Und gleichzeitig mit den Madeira-Eidechsen teilen. Hier sind sie fast zahm und ich muss aufpassen, dass keines mein Haustier werden will. Mein Rucksack hatte schon zwei Eidechsen verschluckt. Nach fünf Minuten mache ich mich wieder auf den Weg: Die zweite Etappe muss heute auch noch gemeistert werden!

Etappe 2: Der Nordküsten-Höhenweg

Teil zwei des Kontrastprogramms bietet sich mir auf der Nachmittagsetappe. „Plötzlich wart die Insel grün“.  Eingeschlagen wird ein alter Handelsweg, auf dem, in die eine Richtung Fisch, in die andere Richtung Wein, jeweils von Machico nach Porto da Cruz oder umgekehrt, transportiert wurde. Das muss eine Tortur gewesen sein! Für die 13 km brauche ich knapp vier Stunden, und das mit leichtem Gepäck, denn mein Wassersack ist schon fast leer getrunken.

Anfangs schleiche ich entlang der „Levada do Caniçal“, später auf dem eigentlichen Küstenweg (s. Anfang). Dann erreiche ich erschöpft Porto da Cruz, wo mich ein kleines Hotel in einer restaurierten Zuckerrohrfabrik erwartet. Hier bestelle ich erstmals „Espetada“, ein traditionelles Fleischgericht, wo das Rindfleisch auf einem Loorbeerzweig aufgespießt wird und über einem Feuer gebraten wird. Das ist wahnsinnig lecker! Dazu gibt es ein alkoholfreies Bier und schon sind die Lebensgeister erwacht. So wird auch das Länderspiel Deutschland vs. Polen nicht, wie eigentlich erwartet, verschlafen.

 

05.09.2015

Etappe 3: Levadas und Schluchten

Schon am zweiten Morgen zeigt sich, dass das zur Reisebuchung gehörige Frühstück stets einen guten Start in den Tag bietet! Auch heute wird ein Lunchpaket, wie an jedem Tag, gekauft und „ab dafür“. Denn heute zählt´s: Zu den angekündigten 19 km kommen „x“ durch eine für unser Taxi unpassierbare Zufahrtsstrecke. Ein letzter Blick wird auf die Bucht vor Porto da Cruz geworfen und schon stet das Taxi bereit.

Nach der ersten Stunde ist der eigentliche Startpunkt erreicht. 4 km mehr, kein Problem! Auch der Anstieg bis zur „Levada do Pico Ruivo“ ist ein Klacks, bei der heutigen Motivation! Denn es gilt ein Naturphänomen zwischen den höchsten Bergen Madeiras zu entdecken. Die „Caldeira do Inferno“, die Höllenschlucht, wartet. Doch zuerst muss ich in die Dunkelheit. Durch den Pico Ruivo, Madeiras höchsten Berg, wurde ein Tunnel für die Levada geschlagen. Leider ist er keine 1,80 m hoch, nur 50 cm breit und dazu mit Schienen einer Lorenbahn ausgestattet. Und das auf einer Länge von 2,4 km! Die Durchquerung dauert 50 Minuten, hätte ich doch mehr als meine Handy-Taschenlampe dabei gehabt…

Doch die Belohnung folgt zu gleich. Es bietet sich ein wahres Naturparadies mit idealen Motiven zum Fotographieren! Der weitere Weg, stets in den grünen Schluchten des Bergmassivs, schlängelt sich entlang einer weiteren Levada hinein ins UNESCO-Weltnaturerbe. Ein weiterer Talkessel namens „Caldeirao Verde“ wird passiert und schließlich befinde ich mich am Gasthaus „Queimadas“, welches leider momentan renoviert wird. Vom tradionellen Strohdach ist nicht viel zu sehen. Kurz darauf wartet das Taxi, das mich nach Santana bringt Schnell die Tour speichern und auf das Abendessen (Tunfisch-Steak) freuen! Doch was ist das? Aus den 19 km sind 28 km geworden. Aus diesem Grund tun mir wahrscheinlich auch die Beine weh. Ich spüre, was ich geschafft habe und bin froh!

 

06.09.2015

Etappe 4: Auf dem Dach Madeiras

Die vierte Wanderung startet am Wanderparkplatz „Achada do Teixeira“. Von dort aus erreiche ich über den Wanderweg PR 1.2 den Pico Ruivo, Madeiras höchsten Gipfel mit 1862 m relativ problemlos. Und ich darf überwältigt sein, denn ich stehe über (!) einem Regenbogen! Am gipfelkreuzähnlichen Gebilde halte ich kurz ein, esse ein Brötchen und mache mich wieder auf den Weg. Nebel zieht auf. Anschließend folge ich dem PR 1.3 gen Encumeada-Pass zum gleichnamigen Hotel.

Auf der ca. 14 km langen Strecke soll man immer wieder die Kammseite des Gebirges wechseln und herrliche Ausblicke, beispielsweise ins „Nonnental“ genießen können. Die Kammseite habe ich wohl gewechselt. Da ich aber mitten in den Wolken gehe, hab ich statt der Ausblicke den strömenden Regen genießen können und war mehr als froh in der trockenen Unterkunft anzukommen! Leider kam das Fotographieren an diesem Tag viel zu kurz, hier aber einige wenige Eindrücke:

 

07.09.2015

Etappe 5: Wasserfälle und Pflanzenvielfalt

Heute habe ich Wasser erwartet und bin aus diesem Grund auch nicht enttäuscht, als es wiederum anfängt zu regnen. Die Trekking-Ausrüstung ist sowieso noch nass. Im dichten Nebelwald entstehen hierdurch sogar spektakuläre Farben und Motive. Die als eindrucksvoll beschriebene Steinsäule „Pinaculo“ bleibt zwar verborgen, dafür sind die Wasserfälle umso eindrucksvoller. Und so sind die 20 km auch schnell überbrückt.

 

08.09.2015

Etappe 6: Von der Hochebene zum Meer

Der nächste Tag kommt schneller als erwartet und er beginnt mit Sonne! Nach zwei wirklich nassen Tagen und nicht ganz getrockneter Ausrüstung macht das direkt Lust auf mehr! Noch im Hotel am Encumeada-Pass wartend, holt uns ein unerwarteter Fahrer ab: Robert Kusch ist Leiter des Touristikunternehmens RMK Tours und Gestalter unserer Reise. Auf der Fahrt über Sao Vicente und Porto Moniz auf die Hochebene erzählen wir über unsere Erlebnisse der bisherigen Woche und seine aus „alten“ Wikinger-Zeiten.

Dann beginnt eine noch ungeahnte Tour der Extraklasse! Von der Hochebene „Paul do Serra“ steige ich bis zur „Levada da Ribeira da Janela“ ab. Hier beginnt abermals ein langer Levada-Tunnel. Mit 1,3 km nicht so lang wie der Tunnel der „Levada do Pico Ruivo“ und ich denke mir, dass es bestimmt schnell durchquert ist. Aber warum steht hier vor dem Tunneleingang eine Marienfigur und viele Teelichter? Weil der Tunnel undicht ist! Das Wasser spritzt unter Hochdruck aus der Decke und den Wänden. Zum Glück war die Kamera gut verstaut. Auf der anderen Seite werde ich abermals mit einem Naturphänomen überrascht: Eine Oase schmiegt sich in einen kleinen Kessel und bietet einen idealen Picknick-Platz!

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Durch weitere, kürzere Tunnel erreiche ich nach mehreren Stunde die Ebene über Porto Moniz und kann einen ersten Blick auf die Meerwasser-Schwimmbecken „Piscinas Naturais“ werfen. Hier werde ich in meiner zweiten Woche noch schwimmen gehen. Heute scheine ich sehr müde zu sein, denn ich missachte unbewusst die Routenführung und laufe 2,5 km zu viel. Abends werde ich dennoch mit Espetada belohnt. Dafür sorgt die direkt am Meer gelegene Residencial Salgueiro.

 

09.09.2015

Etappe 7: Die Mühlenlevada

Die siebte und letzte Wanderung der Trekkingreise, zu der ich wiederum mit einem Taxi gebracht werde, ist zum Entspannen der Beine gedacht! Hierfür bietet sich die Levada do Moinho herrlich an: Keine großen An- und Abstiege und der Weg ist – wie übrigens alle in dieser Woche – nicht von Touristen überlaufen! Ich finde viel Zeit zum Fotographieren und zum Geocachen.
Die Levada do Moinho – „Mühlenlevada“ – wurde privat gebaut und es wurden mehrere Wassermühlen, die mittlerweile als Ruinen den Weg „schmücken“, installiert.
Der PR 7 folgt stets der Levada. Auch die Quelle (Mutter der Levada) ist schnell erreicht! Danach steht das Taxi wieder bereit und bringt mich nach Jardim do Mar in das gleichnamige Hotel. Abends gibt es wieder Tunfisch-Steak und erstmals ein „normales“ Bier. 

Ich sitze auf dem Balkon des Hotelzimmers und bin überrascht, dass das wahrlich intensive Trekking-Erlebnis schon vorbei ist. Naja, nicht ganz: Die zweite Woche steht zur freien Verfügung! Canyoning und alternative Etappen sind schon geplant! Säße ich nun im Flugzeug und nicht auf dem Balkon, würde ich aus dem Fenster schauen und mir denken: Madeira, ich komme wieder!

#Madeira2015

7 / 7 ✅

6 Tage,
34 Stunden wandern,
117,5 Kilometer