Gehtechnik: Drei häufige Fehler beim Abstieg

Wer viel in den Bergen unterwegs ist, der weiß, dass der Abstieg ein besonders herausfordernder Teil der gesamten Bergwandertour ist. Drei gängige Fehler, die sich leicht vermeiden lassen, können immer wieder beobachtet werden. Ihre Vermeidung erhöht die Sicherheit des Bergwanderers und erhält seine Gesundheit.

Was ist das Problem?

Der Abstieg erfolgt meist im letzten Drittel der Tour, wenn der Wanderer schon ermüdet ist. Die Konzentration und die Muskelkraft lassen nach. So kann es leicht zum Rutschen, Stolpern oder zu umgeknickten Füßen kommen. Aber auch schon ohne Unfälle ist der Abstieg für den Körper sehr belastend, vor allem für die Knie. Um diesen Aspekten vorzubeugen, kann man eine ganze Menge unternehmen. Hier soll es vor allem darum gehen, die häufigsten Fehler zu vermeiden.

Der lange Weg ins Tal: Für den Abstieg braucht man Konzentration, Kraft, Trittsicherheit und gut sitzende Schuhe.

Der lange Weg ins Tal: Für den Abstieg braucht man Konzentration, Kraft, Trittsicherheit und gut sitzende Schuhe.

Fehler 1: Beim Abstieg mit gestrecktem Bein auftreten

Gerade, wenn man etwas erschöpft ist und nicht mehr so viel Kraft in den Beinen spürt, fängt man an, die Füße mit gestrecktem Bein auf die Ferse aufzusetzen. Statt dessen sollte man die Knie aber lieber leicht angewinkelt behalten und mit der ganzen Sohle oder dem Ballen auftreten, um den Schritt abzufedern. Schließlich trägt das Bein fast das ganze Körpergewicht plus Kleidung und Rucksack, und der Schwung beim Abstieg führt zu einer Vervielfachung dieser Kräfte.

Das kostet natürlich über längere Strecken ein gehöriges Maß an Muskelarbeit. Lässt dann die Kraft nach, verlagert der Wanderer das abzufangende Gewicht intuitiv auf das Skelett. Das heißt, die Knie sind nicht mehr beweglich, sondern durchgestreckt und das gesamte Gewicht lastet auf den Knochen und Gelenken statt auf der Muskulatur. Hier findet dann auf Dauer ein hoher Verschleiß statt und das ist für das Kniegelenk, das sehr komplex aufgebaut ist, besonders schädlich.

Gesund: Ein federnder Gang bis hinunter ins Tal.

Gesund: Ein federnder Gang bis hinunter ins Tal.

Fehler 2: Schuhe zu locker geschnürt

Wanderschuhe sind so entwickelt und konstruiert, dass man den Schuh mit dem Schnürsystem sehr fest am Fuß befestigen kann. Wenn man sich aber die Schnürung seiner Mitwanderer anschaut, fällt oft auf, dass die Wanderschuhe nur sehr locker gebunden sind. Das ist beim Anstieg oder auf befestigten Wegen nicht so dramatisch, kann aber beim Abstieg zu Verletzungen führen. Bei zu locker geschnürten Schuhen rutscht der gesamte Fuß beim Abstieg nach vorn, so dass die Zehen vorne anstoßen. Es bilden sich schnell Blasen und im Extremfall können blutige Zehen entstehen oder die Fußnägel verletzt werden. Zum anderen erhöht sich die Gefahr, den Fuß umzuknicken.

Was passieren kann:

Im Gebirge bin ich schon öfter zufällig auf Unfälle gestoßen, wo ein Berggänger sich den Fuß umgeknickt hatte. Es waren fast immer Wanderer mit schlechtem Schuhwerk, Halbschuhen oder mit nur sehr lose gebundenen Schnürsenkeln.

Mein Tipp: Bevor ihr den Abstieg antretet, versucht den Fuß im Schuh durch Aufschlagen mit der Ferse auf den Boden oder gegen einen Fels möglichst weit nach hinten zu befördern. Dann schnürt ihr von vorn bis oben die Schnürsenkel so fest wie möglich, aber ohne dass es schmerzt. So sitzt der Fuß fest im Schuh, kann nicht nach vorn an die Spitze rutschen und der Knöchel ist stabilisiert.

Im Felsgelände oder auf Schotter müssen die Schuhe fest sitzen!

Im Felsgelände oder auf Schotter müssen die Schuhe fest sitzen!

Fehler 3: Körperschwerpunkt zu nahe am Berg

Wenn es auf rutschigen Wegen steil hinab geht, fängt der Wanderer intuitiv an, seinen Körperschwerpunkt Richtung Berg zu verlagern. Auch bei Hangquerungen kann man dieses Phänomen beobachten. Der Wanderer rechnet mit einem Sturz, und um die Fallhöhe zu verringern, bewegt er sich in vorauseilendem Gehorsam schon etwas Richtung Hang.

Wenn es rutschig wird, wandert der Körperschwerpunkt zum Hang.

Wenn es rutschig wird, wandert der Körperschwerpunkt zum Hang.

Was passieren kann:

Das führt aber gerade dazu, dass man sich aus den stabilen Tritt heraus hebelt. Der Körperschwerpunkt wandert Richtung Berg und die Sohlen rutschen Richtung Tal. Um dies zu vermeiden und seinen fehlgeleiteten Instinkt zu überlisten, sollte man seinen Körperschwerpunkt eher etwas Richtung Tal verschieben.

Skifahrer kennen dies, und ihnen fällt das meist nicht so schwer. Andere müssen sich oft erst mal etwas überwinden. Hat man aber das Gefühl, seinen Körperschwerpunkt eher Richtung Tal als Richtung Berg zu haben, dann liegt er meist richtig: Genau über dem Ballen. Und das ist die stabilste Position.

Ein sicherer Abstieg: Körperschwerpunkt über den Schuhspitzen.

Ein sicherer Abstieg: Körperschwerpunkt über den Schuhspitzen.

Fazit:

Werden die drei oben genannten Tipps berücksichtigt, steigt man von jedem Berg trittsicher und schonend ab und vermeidet Verletzungen und Stürze. Hilfreich ist dabei ein gutes Gleichgewichtsgefühl und eine kräftige Beinmuskulatur.

Verbessern kann man dann anschließend seine Trittsicherheit noch durch den Einsatz von Stöcken. Trotzdem ist eine gute Gehtechnik erst einmal entscheidender als der Einsatz der Wanderstöcke. Die Stöcke können eine gute Technik nicht ersetzen, nur unterstützen.

Und wie immer heißt es auch hier: Übung macht den Meister!

Alles Gute für eure nächsten Bergwandertouren wünscht euch…

… Euer Andreas