Wie werde ich nach einer längeren Zwangspause wieder fit zum Bergwandern?
Zwangspause – Vielleicht habt ihr sie auch schonmal erlebt: Eine längere Krankheit, die Coronazeit, Arbeitsüberlastung oder sonstige Lebensumstände haben dazu geführt, dass ihr euch längere Zeit nicht sportlich betätigen konntet. Die Gelenke sind eingerostet, die Muskulatur nur noch ein Schatten ihrer selbst und bei jeder längeren Steigung bleibt die Luft weg.
Ähnlich fühlt es sich an, wenn man nach einem langen Winter ohne sportliche Betätigung wieder auf Bergwanderungen geht. Nun gilt es, sich wieder in Form zu bringen, damit man den nächsten Wanderurlaub genießen kann.
Steinige Pfade – im Alltag Mangelware
Die drei Säulen der Berg-Wander-Fitness
Die Fitness im Wanderurlaub ruht auf drei Säulen. Das ist zum einen die Kraft, vor allem in den Beinen, zum zweiten die Ausdauer und zum dritten die Koordination, die bei Trittsicherheit und Schwindelfreiheit hilft.
1. Säule: Kraft und Muskelaufbau
Jede Treppe ist ein Sportgerät
Die Muskulatur des Menschen hat den Nachteil, dass sie verkümmert, sobald sie nicht mehr gefordert wird. Längere Aufenthalte auf dem Krankenbett oder am Schreibtisch führen also dazu, dass die Kraft in den Beinen schnell nachlässt. Will ich nun nach einer längeren Pause wieder fit werden, sollte ich diese gezielt trainieren.
Mancher denkt dann vielleicht an Joggen, aber das ist eigentlich nicht optimal. Natürlich trainiert man dort die Muskeln auch etwas mit, und zum Wandern in der Ebene mag das reichen. Beim Bergwandern muss man aber oft auch steigen, das heißt, sein Knie stark anwinkeln, um die nächste Stufe zu erklimmen. Das will gezielt trainiert sein.
Vielleicht sucht ihr euch eine große Freitreppe oder das Treppenhaus in einem höheren Gebäude und trainiert dort das Treppensteigen. Denn Stufen sind das perfekte Trainingsgerät, wenn Bergwanderer ihre Beinmuskulatur wieder aufbauen wollen.
Zur Not kann man sich auch eine einzelne Stufe im Haus vornehmen oder auf eine Holzkiste steigen. Immer einen Fuß rauf und den nächsten nachholen, den ersten Fuß wieder runter und den nächsten nachholen und so weiter. Nach einer Weile wechseln und den anderen Fuß zuerst auf die Stufe setzen. So trainiert man das Steigen genau so gut wie auf einer Treppe. So gewöhnt ihr euren Körper Stück für Stück ans Bergsteigen, auch nach einer Zwangspause.
2. Säule: Ausdauer und Herz-Kreislauf-System
Wer auch im Winter wandert, ist auch im Frühling fit
Für das Herz-Kreislauf-System, dass für eine lange Ausdauer sorgt, ist das Joggen dann wirklich eine gute Maßnahme. Hier kommt es nämlich darauf an, den Körper wieder an stärkere und vor allem an längere Kreislaufbelastungen zu gewöhnen.
Dabei ist es wichtig, dass man nicht nur einmal oder zweimal vor der nächsten Wanderreise laufen geht und es dann wieder lässt, sondern dass man regelmäßig zwei bis dreimal die Woche unterwegs ist. Wie lange und wie schnell man dann jeweils läuft, liegt am persönlichen Ehrgeiz und an der Schwierigkeit der Wandertouren, die man sich vornehmen will. Für ein effektives Wandertraining ist es besser, langsamer zu laufen, dafür aber länger. Eine halbe Stunde sollte aber das Mindeste sein.
Beim Joggen zahlt es sich aus, wenn man die Belastung variiert, also auch mal ein Stück Steigung hinauf läuft, statt immer nur in der Ebene unterwegs zu sein. Und wem Joggen direkt nach der Zwangspause zu heftig erscheint, der kann sein Training mit schnellem Gehen oder mit Nordic Walking anfangen.
Radfahren trainiert die Ausdauer natürlich auch. Aber dabei sollte man nicht nur entspannt vor sich hin radeln, sondern immer mal wieder auch etwas kräftiger in die Pedale treten. Wenn man mit dem Fahrrad steilere Passagen bergauf fährt, trainiert man damit nicht nur sein Herz-Kreislauf-System, sondern auch seine Beinmuskulatur.
Zu beachten ist sowohl beim Training der Muskulatur, als auch beim Fordern das Herz-Kreislauf-Systems, dass man nach der Zwangspause langsam wieder anfängt. Es bringt nichts, gleich von null auf hundert durchzustarten. Der Körper muss sich nach und nach wieder an die stärkeren Belastungen gewöhnen. Und wenn man die ersten Trainingseinheiten hinter sich hat, fallen die nächsten umso leichter.
3. Säule: Koordination für Trittsicherheit und Schwindelfreiheit
Trittsicherheit ist genauso wichtig wie Ausdauer
Die dritte Säule der Wanderfitness ist die Koordination. Daran hängen beim Wandern vor allem die Trittsicherheit und die Schwindelfreiheit. In unserem Alltag sind wir fast ausschließlich auf ebenen Flächen unterwegs. Holprige Pfade, steinige Passagen oder rutschige Hänge erleben wir nur in unserem Wanderurlaub.
Der Gleichgewichtssinn will aber genauso trainiert werden wie die Muskulatur. Wenn ich zwischen zwei Touren eine Woche am Schreibtisch gesessen habe merke ich zu Beginn der nächsten Bergwanderung, dass mein Gleichgewichtsgefühl durch mangelndes Training gelitten hat. Aber was kann ich dagegen tun?
Alles, was meinen Gleichgewichtssinn fordert, ist gut.
Trotz Training sind die Ziegen doch noch etwas fitter 🙂
Ich kann mich beim Zähneputzen auf ein Bein stellen, kann auf einem schmalen Baumstamm oder einer Bordsteinkante balancieren. Ich kann mich öfter mal für einige Zeit auf die Zehenspitzen stellen (was neben dem Gleichgewichtssinn auch die Beinmuskulatur trainiert) oder zum Yoga gehen. Eine Möglichkeit ist auch, ein großes Handtuch fest zusammen zu rollen und darauf zu balancieren.
Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Und manchmal liegen Trainingsmöglichkeiten näher als erwartet. So haben Bergsteiger z.B. ihr Bergseil im Winter dazu verwendet, es zwischen zwei Bäume zu spannen und darauf zu balancieren. So ist das Slacklining entstanden, dass man heutzutage im Sommer in jedem Stadtpark beobachten kann.
Der Gleichgewichtssinn ist recht komplex und daran sind mehrere Organe unseres Körpers beteiligt: Das eigentliche Gleichgewichtsorgan im Ohr, die Augen und die Füße. Sie müssen das Zusammenspiel trainieren, um die richtigen Signale an das Gehirn senden. Leider lässt die Funktion des Gleichgewichtsorgans im Alter nach und die Sehkraft schwindet. Umso regelmäßiger sollte man dann die Trittsicherheit trainieren. Und natürlich sollte man auch für gutes Sehen sorgen, z.B. mit der richtigen Brille. Welche Probleme da lauern können, zeigt der Beitrag zum Wandern als Brillenträger.
Um auf der nächsten Bergtour das Gleichgewicht nicht nur zu fühlen, sondern auch zu halten, braucht es spezielle Muskelfasern, die das seitliche Kippeln stabilisieren. Um sie zu trainieren hilft es, statt immer auf festen Wegen zu gehen, bewusst mal querfeldein zu laufen, z.B. durch einen Wald. Die Unebenheiten im Gelände trainieren automatisch Gleichgewichtssinn und Gleichgewichtsmuskulatur. Außerdem stabilisiert man so seine Gelenke und verhindert ein Umknicken der Füße.
Auch hier solltet Ihr aber nicht gleich völlig untrainiert durchstarten, sondern euch nach und nach immer größere Herausforderungen vornehmen.
Fazit
Nach der Zwangpause langsam wieder anfangen…
Will man nach einer längeren Zwangspause wieder wandern, bergsteigen oder an Trekkingtouren teilnehmen, sollte man die eigene Fitness schonend wieder aufbauen. Effektiv gelingt das nur, wenn man alle drei Säulen der Wanderfitness stabilisiert.
Bin ich in den drei Bereichen, Kraft (Muskulatur), Ausdauer (Herz-Kreislauf-System) und Trittsicherheit (Koordination) wieder fit, steht der nächsten genussvollen Wanderreise nichts mehr im Wege.
Viel Spaß und Erfolg beim Training … und bis zur nächsten Wanderreise!
Euer Andreas