Es gibt einige Standardfragen, Meist gestellt im schattigen Innenhof des Springlands Hotel in Moshi. „Werde ich das mit der Höhe packen? Kann ich den Kilimanjaro besteigen? Kennst du als Reiseleiter Tipps?“ Diese Fragen kommen meist auf, nachdem ich gefragt wurde, wie oft ich selbst schon auf dem Gipfel des höchsten Berges von Afrika gestanden habe.
Ehrlich gesagt kommen die Fragen dann etwas zu spät, denn die Vorbereitung auf den Berg sollte schon zu Hause beginnen. “Stopp” möchte mancher da gleich dazwischenwerfen. „Die Höhenverträglichkeit hängt nicht von der körperlichen Fitness ab, das ist erwiesen.“ Das stimmt. Trotzdem gibt es Vieles, was man schon zu Hause tun kann und Einiges, was man vor Ort beachten sollte. Ich habe dazu einige Tipps und Tricks zusammengetragen. Dies soll keine höhenmedizinische Abhandlung werden, da ich aber schon über ein dutzend Mal auf dem Uhuru Peak gestanden habe und auch im Himalaya für Wikinger einige Berge über 6000 Meter bestiegen habe, kann ich aus meiner Erfahrung Einiges berichten.
Höhentraining einige Wochen vor der Besteigung des Kilimanjaro?
Zum Höhentraining einige Wochen zuvor in die Alpen zu gehen, bringt in Bezug auf die Höhenanpassung nichts. Die mögliche Anpassung hat sich schon lange zurückgebildet, wenn man am Kilimanjaro ist. Trotzdem ist es natürlich sinnvoll, in den Monaten vor der großen Tour viele Bergwanderungen zu machen, denn die Kondition wird verbessert und vor allem trainiert man sich eine ökonomische Gehweise auch in schwierigem Gelände an. Ebenso ist es sinnvoll, bei Reisen davor eventuell Wander- oder Reiseleiter auf sein Vorhaben hinzuweisen und sie gegebenenfalls um Tipps zur Gehweise zu bitten. Auch am Kili selbst kann man das noch trainieren – vor der großen Gipfeletappe versteht sich.
Gemäßigtes Ausdauertraining
Generell ist es sinnvoll, vorher gemäßigt die Ausdauer zu trainieren – nicht nur für den Körper, sondern auch für den Kopf. Wer mit dem guten Gefühl einer richtigen Vorbereitung nach Tansania kommt, geht mental ganz anders an den Berg und dieser Berg – glauben sie es mir – wird im Wesentlichen mit dem Kopf bestiegen. Das heißt, der Wille ist entscheidend. Auch ein Steppertraining im Fitnessstudio ist sinnvoll, denn erfahrungsgemäß versagen bei einigen Teilnehmern die Oberschenkelmuskeln beim langen Gipfelabstieg. Diese müssen dann von den Guides teilweise getragen werden.
Pole Pole / Langsam Langsam
Pole Pole – die afrikanische Ermahnung, den Berg langsam anzugehen, wird kein Kilimanjaro Besteiger je wieder vergessen. Schon an der ersten Etappe drängen die einheimischen Guides und der Reiseleiter zu einem sehr langsamen Gehtempo. Der Körper braucht Zeit, um sich an die Höhe zu gewöhnen. Zudem trainiert dies den gleichmäßigen und ruhigen Schritt, der in der großen Höhe noch essentiell wichtig ist. Jede Sekunde, in dem der Puls am Anschlag ist, reduziert die Gipfelchancen immens.
Ein Artikel über die Akklimatisation und die Besonderheiten an Afrikas höchstem Berg wird in diesem Blog demnächst veröffentlicht.
Wasser
Viel Wasser trinken und viel essen, solange es noch geht. Etwa vier Liter Wasser ist ideal. In der Gipfelnacht verzichte ich allerdings darauf. Zwar entzieht die staubtrockene kalte Luft dem Körper allein durch die Atmung Wasser, doch mehr als zwei Liter sind mir zu schwer. Das muss allerdings jeder selbst entscheiden und seinen Körper kennen. Ich selbst weiß, dass ich mir eine gewisse Dehydration zumuten kann. Ein Tipp noch dazu noch: Die Schläuche der Trinkrucksäcke frieren in der Gipfelnacht schnell ein. Entweder verzichten und Thermosflaschen mitnehmen oder isolieren und die Flüssigkeit, die im Schlauch verbleibt, nach dem Trinken wieder zurückblasen. Das einheimische Serviceteam versorgt die Wanderer immer mit genügend abgekochten Wasser und auch heißes Teewasser wird serviert. Es wird jedoch nur Instantkaffee oder Schwarztee dazu angeboten. Das geht schnell auf den Geist. Deshalb Früchte- und Kräutertees von zu Hause mitnehmen. Super in der Höhe und Kälte ist Ingwertee. Wer es ganz heftig mag, besorgt sich zu Hause eine kleine Flasche Ingwerkonzentrat. Das Team, mit dem ich immer am Kili unterwegs bin, hat inzwischen schon eigenes Konzentrat.
Die Mikroakklimatisation
Die Mikroakklimatisation – eine Wortschöpfung von mir- ist wissenschaftlich nicht erwiesen und beruht allein auf meiner Erfahrung.
Schon an der ersten Etappe beginne ich damit. Ist das Etappenziel erreicht, ist das Tagesziel noch nicht erreicht. Während sich die meisten anderen Gruppen auf Tee und Kekse stürzen und sich erschöpft erholen, steigen wir noch weiter. Meist noch eine knappe Stunde im Aufstieg, aber keine Bange: auf großer Höhe ist man nach wenigen Minuten im Abstieg wieder unten. Zum einen erkundet man schon den Weg des folgenden Tages (in der Gipfelnacht wichtig), zum andern gibt man meiner Meinung nach dem Körper einen anderen Impuls. Während diejenigen, die bleiben, auf der maximalen Höhe des Tages eine Erholung für ihren Körper suchen, kommen die anderen aus einer größeren Höhe zurück ins Nachtlager. Meist ist man dann entspannter und der Körper erholt sich leichter. Das ist das etwas verkleinerte Motto der Expeditionsbergsteiger, die im Himalaya „climb high- sleep low“ anwenden – deshalb „Mikro“. Ein weiterer Effekt: selbst wenn man erschöpft das Camp erreicht, zwingt man sich noch etwas weiter zu gehen. Also „über sich hinaus“ zu wachsen – denn der Berg wird mit dem Kopf bestiegen.
Ich bin gespannt von euren Erfahrungen zu hören
Euer Oliver
Zur Reise geht es übrigens hier