Urlaub am Mittelmeer mit atemberaubenden Aussichten auf Berge und Buchten, spannenden Kulturdenkmälern und kulinarischen Köstlichkeiten… ok, seid ehrlich: Albanien kommt da nicht als Erstes in den Sinn. Dabei hat das kleine Land im Südosten Europas all dies zu bieten.
Zusammen mit einer Wikinger-Gruppe habe ich den Süden Albaniens auf dem Fahrrad durchquert. In dieser kleinen Reportage nehme euch mit zu den vielen landschaftlichen und kulturellen Geheimtipps der Balkanrepublik.
Das bin ich, Maxim!
Die Reise beginnt…
Nach Landung in Tirana und einem Rundgang durch die Hauptstadt startet unsere erste Radtour am Folgetag und führt am Ohridsee entlang. Er ist einer der ältesten Seen der Welt, seine Ufer teilen sich Albanien und Nordmazedonien.
Kloster Sveti Naum
Am Nachmittag unternehmen wir einen kurzen Abstecher über die Grenze ins Nachbarland Nordmazedonien zum Kloster Sveti Naum aus dem späten 9. Jahrhundert. Von der orthodoxen Klosteranlage, die zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt, hat man einen herrlichen Ausblick auf den See. Ungewöhnlicherweise hat der keinen großen Zufluss, sondern wird aus zahlreichen kleinen Bergquellen gespeist. Zum Ausklingen der ersten Radtour bietet sich (zumindest noch im September) ein Bad im klaren Wasser des Ohridsees an. Unser Hotel liegt praktischerweise direkt am Strand und verfügt über ein Restaurant mit Seeblick.
Auf dem Rad durchs Gebirge
Hin und wieder müssen wir kurz anhalten, damit eine Schafsherde oder ein Maultier die Straße passieren kann.
Die folgenden drei Tage stehen ganz im Zeichen der albanischen Gebirgslandschaften. Auf Serpentinenstraßen schlängelt sich unser Weg von Berg zu Berg. Auf längere, manchmal anstrengende Anstiege folgen hier stets herrliche Abfahrten und atemberaubende Ausblicke, z. B. auf die Nemërçka-Bergkette. Unterwegs passieren wir verschlafene Dörfer, in denen die Zeit stehen geblieben scheint. Hin und wieder müssen wir kurz anhalten, damit eine Schafsherde oder ein Maultier die Straße passieren kann.
Echte Radwege gibt es in Albanien nicht, deswegen nutzen wir während der Rad-Etappen die normalen Autoverkehrsstraßen. Das ist bei dem geringen Verkehrsaufkommen im albanischen Hinterland jedoch völlig unproblematisch.
Landidylle pur
Am vierten Reisetag durchqueren wir den Germenj-Nationalpark und übernachten in den urigen Holzhütten der 1.125 m hoch gelegenen Sotira Farm. Hier herrscht Bauernhof-Idylle. Neben Pferden, Hühnern, Gänsen und Truthühnern, die freilaufend über das Gelände trotten, verfügt die Farm auch über einen Gemüsegarten und eine eigene Forellenzucht.
Beim Abendessen im Restaurant der Farm hält uns ein gemütliches Kaminfeuer warm (draußen spürt man hier schon deutlich die kühle Bergluft). Auf den Tisch kommen bei allen Mahlzeiten ausschließlich Spezialitäten aus eigenem Anbau und eigener Zucht.
Zeitreisen auf dem Rad
Am fünften und sechsten Reisetag führen unsere jeweils etwa 50 km langen Rad-Etappen entlang der Vjosa, einem der letzten naturbelassenen Flüsse Europas. Über einige Strecken fungiert sie als Grenzfluss zu Griechenland, sodass uns stellenweise nur wenige Meter vom Nachbarland trennen.
Hier muss man nur ein wenig aufpassen, wenn man auf sein Handy schaut: Wenn sich das Gerät auf einmal ins griechische Netz einloggt, springt gerne mal die Uhrzeit auf die griechische Zeit (+1 Stunde) um, während in Albanien dieselbe Uhrzeit gilt wie in Deutschland.
Geschichte Hautnah: Relikte des Kommunismus
Am Nachmittag des sechsten Tages erreichen wir eine der schönsten Städte Albaniens: Gjirokastër (UNESCO-Weltkulturerbe). Charakteristisch für den historischen Ort sind weiße Häuser mit schwarzen Steindächern sowie eine über der Altstadt thronende Burganlage. Diese wurde zum größten Teil unter osmanischer Herrschaft errichtet.
…die verbliebene Moschee durfte damals nicht als religiöse Stätte weitergenutzt werden. Sie wude aufgrund ihrer hohen Decken zu einem Trainingsraum für Zirkusakrobaten umfunktioniert.
Bei einem Spaziergang durch die Gassen des Basarviertels aus dem 16. Jahrhundert entdecken wir auch die 1757 erbaute Basar-Moschee. Sie war nach dem 2. Weltkrieg eine von 13 erhaltenen Moscheen in Gjirokastër, unter kommunistischer Herrschaft wurden jedoch die übrigen 12 zerstört. Auch die verbliebene Moschee durfte damals nicht als religiöse Stätte weitergenutzt werden. Sie wude aufgrund ihrer hohen Decken zu einem Trainingsraum für Zirkusakrobaten umfunktioniert. Mittlerweile hat das Gebäude seinen ursprünglichen Zweck zurückerlangt.
Die Spuren der kommunistischen Herrschaft des Diktators Enver Hoxha, die Albanien von 1944 bis 1985 international weitgehend isolierte, begegnen uns auch an vielen anderen Stellen des Landes. So ließ Hoxha aus Angst vor Invasionen vor allem in den 1970er und frühen 80er-Jahren Hunderttausende runde pilzförmige Bunker im ganzen Land errichten. Die meisten stehen heute noch und sind während unserer Rad-Etappen immer wieder zu entdecken, in Dörfern, in Städten, aber auch häufig mitten im Nirgendwo – ein kurioses Relikt aus (im wahrsten Sinne des Wortes) grauer Vergangenheit.
Auch die Römer fanden es hier schön
Ein griechisches Amphitheater, ein Thermalbad der alten Römer, ebenso wie eine byzantinische Basilika aus dem 6. Jahrhundert oder eine venezianische Kastellburg
Von historischer Bedeutung ist auch unser Ausflugsziel am siebten Reisetag, wobei wir die Uhr hier deutlich weiter zurückdrehen müssen. Auf unserer längsten Rad-Etappe (69 km), die uns von den Bergen zur Mittelmeerküste führt, legen wir auf halber Strecke einen Zwischenstopp in der Ruinenstadt Butrint ein. Sie gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe und wird von einer Lagune eingerahmt. Hier finden sich gut erhaltene Überreste aus ca. 3.000 Jahren Geschichte: Ein griechisches Amphitheater, ein Thermalbad der alten Römer, ebenso wie eine byzantinische Basilika aus dem 6. Jahrhundert oder eine venezianische Kastellburg.
Das Spannendste an Butrint ist jedoch, wie die genannten Bauwerke von immer wieder wechselnden Herrscherkulturen verändert wurden. So besteht der Großteil der Ruinen, die bis heute vom ursprünglich griechischen Amphitheater erhalten blieben, aus Erweiterungen der Römer.
Nach langer Radtour mit historischem Intermezzo erreichen wir pünktlich zum Sonnenuntergang die Hafenstadt Sarandë.
Die letzten Abende im schönen Albanien…
Beim Abendessen im Strandhotel gibt es gegrillte Dorade. Dabei genießen wir einen herrlichen Blick auf das Ionische Meer und die griechische Insel Korfu.
Die albanische Küche ist mediterran. Keine Mahlzeit fällt ohne Schafskäse und griechischen Salat aus. Gekochtes Gemüse, gefüllte Teiggerichte und Tsatsiki sind ebenfalls häufig vertreten, sowie hier an der Küste natürlich auch Meeresfrüchte.
Am achten Tag lassen wir die Räder einmal stehen und gönnen uns alle einen wohl verdienten Entspannungstag am Strand von Himarë. Alle? Naja, fast alle… ein kleiner Teil der Gruppe nutzt den freien Nachmittag für eine Gute Alte Küstenwanderung.
Unsere letzte Radtour an Tag 9 beginnt mit einem spektakulären Ausblick vom 1.030 m hoch gelegenen Lllogara-Pass. Von dort aus geht es 20 km nur bergab und dann noch ein wenig die Küste entlang bis zu unserem letzten Strandhotel in Vlorë.
Hier heißt es Abschied nehmen von den Rädern und den letzten albanischen Sonnenuntergang bei einem guten Glas Wein genießen.
Neugierig geworden? Unsere Radreise durch die unbekannte Schönheit des Balkans kannst du 2023 sowohl mit Trekkingrad als auch (gegen Aufpreis) mit E-Bike buchen.
Euer Maxim